Rezension: Kira Minttu – Me, Without Words

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Es ist dieses Gefühl, verlorenzugehen. Es ist das Schweigen, das über allem liegt, es sind die unausgesprochenen Worte, die im Raum hängen und die Juli am liebsten herunterschlagen und ihren Eltern in die versteinerten Gesichter werfen würde. Es sind die Erwartungen, die sie hinter den Kerzen zu erkennen glaubt, die ihr Freund Levin angezündet hat, und es ist die Freundschaft zu ihrer besten Freundin, die an den Rändern auszufransen scheint. Es sind all diese Gründe, aus denen Juli mit dem Gedanken spielt, sich auf jemanden einzulassen, dessen Absichten sie nicht zu durchschauen vermag … [Quelle]

Auf der Leipziger Buchmesse konnte ich endlich mal „live“ im Programm des Amrun Verlags stöbern. Insbesondere das Label Ink Rebels finde ich super interessant. Als Kira Minttu mich dann fragte, ob ich ihr neues Buch Me, Without Words vor der Veröffentlichung lesen möchte war ich demnach Feuer und Flamme. Schon das Cover fand ich ziemlich cool, aber auch die Inhaltsbeschreibung. Ich glaube ich habe selten einen Klappentext gelesen, den ich so aussagekräftig und literarisch gelungen fand, wie diesen. 

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„Die Stille ist so laut, demnächst werde ich schreien, um sie zu übertönen.“ 

Schon nach dem ersten Satz ahnte ich, dass es sich insbesondere zu Beginn nicht um eine Geschichte handeln wird, die voller Sonnenschein und Harmonie ist. Nach wenigen weiteren Sätzen war mir klar, dass dieser beeindruckende Schreibstil dafür sorgen wird, dass ich völlig von der bedrückenden und emotionalen Handlung gefesselt werden würde. Und dabei blieb es. Nicht nur, dass schon die inhaltliche Beschreibung des Buches irgendwie anders, irgendwie besonders war. Die gesamte Geschichte um Julika, ihre Familiendynamik und ihre Clique war besonders, und doch greifbar, mir quasi nicht fremd. Ich konnte gut mit ihr mitfühlen und mich mit ihr identifizieren. Ich glaube, viele von uns kennen die Haltlosigkeit, die unsere Jugend punktuell prägte. Die Schwierigkeit, herauszufinden wer man selbst ist und wo man überhaupt hin möchte. Die Notwendigkeit eines stabilen Umfelds, das einen dabei stützt. Und die teils gravierenden Konsequenzen eines nicht Vorhandenseins dessen.

Die Protagonistin Julika war oft genervt. Sie wirkte teilweise wenig reflektiert, wenig zugänglich. Ihre impulsiven Äußerungen und Handlungen zeugten teils von willkürlichen und fragwürdigen Intentionen. Und doch waren sie irgendwie verständlich, irgendwie nachvollziehbar, nahezu logisch im Betracht auf vorhergegangene Situationen und dramatische Erlebnisse, die sie langfristig prägen würden. Und somit war sie mir insgesamt sympathisch. Weil sie echt war. Manchmal wollte ich unterstützend an ihrer Seite stehen. Manchmal wollte ich sie belehren, sie ausschimpfen. Meistens aber empfand ich so etwas wie Zustimmung. Ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich seufzte, nickte und den Reader kurz aus der Hand legte, um mir situative Beschreibungen erneut durch den Kopf gehen zu lassen. Auch Marc war mir sympathisch, auch wenn ich die ganze Zeit über ein eigenartiges Gefühl hatte, was ihn und seine geheimnisvollen, düsteren Hintergründe betraf. Einige Details der Entwicklung waren somit für mich vorhersehbar, was ich aber keinesfalls als negativ empfand. Levin fand ich ätzend und egoistisch. Früher wäre er für mich dieser typische „typisch Jungs!“ Kandidat. Die beste Freundin der Protagonistin, Katinka, fand ich zunehmend angenehm. Zunächst war ihr Verhalten gegenüber Julika von dem Einfluss der Clique geprägt, ebenso von ihren eigenen Absichten. Wie sich das dann entwickelte solltet ihr lieber selbst herausfinden.

„Warum kann man bestimmte Momente im Leben nicht in ihrer ganzen Intensität für immer aufbewahren?“

Die Entwicklung der Geschichte fand ich insgesamt sehr authentisch. Sie war wahnsinnig emotional, spannend und echt, was durch den schonungslos ehrlichen Schreibstil hervorragend rüber kam. Es gab zahlreiche dramatische und einschneidende Ereignisse, die mich total mitfiebern ließen. Es gab überraschende Wendungen, aber ebenso ruhige Momente. Mir fiel der Abschied von Julika nicht leicht, ebenso würde ich natürlich gerne erfahren, wie es mit ihr und den Menschen in ihrem nahen Umfeld weitergeht, da einige Details relativ offen blieben. Mich persönlich stimmte die Geschichte nachdenklich, auch wird die individuell beschriebene Thematik, die gesellschaftlich immer präsent sein wird, mir aber auch häufig in meinem Beruf begegnet, vermutlich noch lange nachhallen.

Eine mitreißende und bedrückende Young Adult Geschichte mitten aus dem Leben einer starken und authentischen Protagonistin, mit der ich mich gut identifizieren konnte. Die beschriebene Thematik, insbesondere die familiäre Dynamik fand ich ergreifend, den Schreibstil großartig. Lesenswert, irgendwie ziemlich wichtig, irgendwie besonders und damit definitiv ein Liebling.

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17 Antworten zu “Rezension: Kira Minttu – Me, Without Words”

  1. […] „Eine mitreißende und bedrückende Young Adult Geschichte mitten aus dem Leben einer starken und authentischen Protagonistin, mit der ich mich gut identifizieren konnte. Die beschriebene Thematik, insbesondere die familiäre Dynamik fand ich ergreifend, den Schreibstil großartig. Lesenswert, irgendwie ziemlich wichtig, irgendwie besonders“ – meine Rezension […]

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  2. Liebe Nicci,
    dieses Buch ist mir schon ein paar Mal vor den Augen herumgeschwirrt. Egal ob facebook, Instagram oder Amazon. Das Buch hört sich gut an und erweitert meine Wunschliste, die eh schon viel zu lang ist!
    Danke für diese tolle Rezension! =)
    Liebe Grüße,
    Carina.

    P.S.: Kommentare gehen wieder. Hab beim Programmieren der Kommentarfunktion etwas wichtiges übersehen. Und nochmal danke fürs Mitteilen, dass es nicht so funktioniert hat, wie du es erwartet hast.

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