Vielleicht habt ihr ja auch schon mal eine Nachricht zu einem Foto, einer Story oder generell einem Internetpost bekommen, in der ihr gefragt wurdet, ob ihr nun „auch so eine/r “ seid, egal worauf bezogen. Ob es um ein bestimmtes Hobby geht oder um ein Fandom, das ihr nun extrem feiert, neu entdeckt habt, etc. Oder eine Lebenseinstellung, die ihr für euch entschieden habt. Diskutieren ist völlig in Ordnung, aber wieso wird dadurch oftmals suggeriert, dass die Entscheidung für etwas falsch oder fraglich ist?
Bist du jetzt auch so ’ne Zockerbraut?
Viele von denen, die mir auf Instagram und Co. folgen wissen es nicht, aber das Gaming begleitet mich bereits seit über 18 Jahren. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich stundenlang, tagelang vor der PlayStation 1 gesessen und Need for Speed & Spyro gezockt habe. Ich werde nie vergessen, wie wütend mich diese endlosen Ladesequenzen gemacht haben, wenn sich die Konsole aufgehangen hat und man vorher nicht speichern konnte. Irgendwann habe ich dann meinen ersten Computer bekommen und damit Baldur’s Gate, das ich ebenfalls sehr ausgiebig gespielt habe. Auch heute noch haben diese Spiele einen gewissen nostalgischen Reiz auf mich, sodass ich natürlich das Spyro Remake bestellen und Baldur’s Gate auch auf dem neuen Rechner installieren musste. Zwischendurch habe ich für viele Jahre gar nichts gezockt, das Leben kam dazwischen, andere Sachen waren interessanter.
Vor ca. einem Jahr habe ich mir dann ganz spontan nachts eine PlayStation 4 bestellt, weil ich beim Stöbern zufällig gesehen habe, was es so für (exklusive) Games für die Konsole gibt – Stichwort Horizon Zero Dawn. Und dann war es um mich geschehen. Die alte Leidenschaft wurde neu entfacht, ich bestellte ein Spiel nach dem anderen. Daraufhin habe ich mir eine Nintendo Switch gekauft. Einen 2DS XL, einen 3DS. Und ich bereue nichts. Ich bereue eher, dass ich jahrelang nichts damit am Hut hatte, weil mir so echt viel entgangen ist, was ich alles vermutlich gar nicht mehr nachholen kann. Deshalb kaufe und spiele ich viele verschiedene Games, ich mag die Abwechslung, mir ist es gar nicht mal so wichtig Spiele durchzuspielen, vor allem nicht zeitnah. Mir geht es ums Entdecken, Erkunden und darum Spaß zu haben.

Bist du jetzt auch so ’n Öko?
Ich ernähre mich vegetarisch. Und ich versuche, auf normale Milch zu verzichten, wenn möglich. Ich kaufe stattdessen Sojamilch für meinen Kaffee, esse Alpro Joghurt, aber lebe nicht grundsätzlich vegan. Nicht erst seit kurzem, sondern schon viele Jahre. Ich hänge das nie an die große Glocke, es ist mein Ding was ich wann wie wo und aus welchem Grund esse, bzw. nicht esse. Natürlich freut es mich, wenn Menschen ein wenig auf ihre Umwelt achten, kein Fleisch essen, oder sich sogar vegan ernähren. Aber ich erwarte es nicht automatisch. Funfact: Vegetarier machen da selten bis nie eine große Sache draus, sondern die Menschen drum herum, die sich ihre ach so witzigen und innovativen Sprüche nicht knicken können und dann der Meinung sind, wir würden jemanden bekehren wollen, wenn wir darauf dann etwas entgegnen. Dabei sitzt man einfach nur da, und isst sein Veggie Schnitzel. Und ja, man nennt es Schnitzel. Es gibt Vegetarier, die auf Fleisch verzichten, weil sie es nicht mögen (und meistens weil sie keine Lebewesen essen möchten). Es gibt aber nun mal auch Vegetarier, die zwar keine Lebewesen essen möchten, aber Fleisch geschmacklich mögen. Also ist es doch umso besser, wenn es eine passende Alternative für sie gibt, die es ihnen leichter macht. Spoiler: Niemand nimmt euch etwas weg oder schadet euch, nur weil er fleischlose Schnitzel/Frikadellen/Bratwurst isst.
Übrigens habe ich kürzlich plastikfreie Wattestäbchen, Klopapier und Taschentücher bestellt, aus Bambus. Weil ich ein jetzt auch so’n Öko bin? Weil ich denke, dass ich dadurch die Welt retten kann? Nein. Sondern weil ich mit Kleinigkeiten meinen Teil dazu beitragen möchte. Niemand ist perfekt. Und vermutlich kann auch niemand 1000% so leben, dass er der Umwelt nicht auch nur ein mini bisschen schadet. Aber ich persönlich finde es besser, sagen zu können, dass ich einen kleinen Teil unternommen habe. „Was soll ein Einzelner schon verändern?“ Einiges. Vor allem wenn es irgendwann viele Einzelne sind, die etwas verändern wollen.
Bist du jetzt auch so ’n Fangirl?
Es gibt so Fandoms, die werden seit über 20 Jahren gefeiert – beispielsweise Star Wars. Und dann gibt es Leute wie mich, die es erst vor wenigen Jahren für sich entdeckt haben. Ist nicht schlimm? Für einige anscheinend schon. Anscheinend ist es so, dass man nur ein richtiger Fan ist, wenn man die Dinge seit Release feiert. Wenn man „von Anfang an dabei“ war. Ich habe Star Wars beispielsweise erst für mich entdeckt, als Episode 7 ins Kino kam. Auch ich darf das Fandom nice finden, mich als Fan bezeichnen, die Filme zu meinen Lieblingen zählen. Ich nehme niemandem dadurch etwas weg, ich spreche niemandem das Fansein dadurch ab.
Warum ich das erzähle? Es mag wie eine Rechtfertigung klingen aber ich möchte aufzeigen, dass es doch eigentlich völlig egal sein sollte, was jemand mag oder nicht mag, wofür jemand brennt oder so gar nicht brennt. Wie sich jemand ernährt und worauf er verzichtet. Jeder soll das so halten wie er mag, vertreten kann, und wie es ihm Spaß macht – insofern niemandem dadurch geschadet wird. Und ich wüsste nicht, wie man jemandem durch Fleischverzicht oder durch ein Hobby wie Zocken schaden könnte. Darüber hinaus ist es übrigens so, dass niemand dazu verpflichtet ist, sein komplettes Leben im Internet zugänglich zu machen und alle über jedes Detail informiert. Das bedeutet also, dass das, was dort gezeigt wird, nur ein kleiner Anteil ist, niemals alles abbilden kann und somit niemand das Recht dazu hat, sich darüber zu pikieren. Zumindest nicht so, dass er das jedem unter die Nase reiben muss. Ärgert euch meinetwegen innerlich. Aber wenn ihr mit euren Kommentar nichts beitragen könnt und es nur ums Nörgeln geht – spart es euch. Mal davon abgesehen finde ich es ziemlich anmaßend, Menschen für ihre Lebensweise zu verurteilen (ich wiederhole mich: insofern sie niemandem schadet), vor allem wenn man die Menschen nicht gut kennt und eine Story oder einen Post völlig random kritisierend kommentiert. Auch ist es nunmal nicht so, dass man auf die Welt kommt und innerhalb von 3 Wochen eine feste Persönlichkeit entwickelt, die man nie wieder ändert/ändern darf. Im Laufe des Lebens lernt man immer wieder dazu – es wäre doch auch ziemlich komisch wenn nicht. Und auch mit 30, 40, 50 erfährt man Neues über sich. Ist doch schön, wenn man neue Hobbys und Leidenschaften entdeckt. Prozess ist spannender als Resignation.
Lasst den Leuten doch ihren Spaß. Lasst sie kaufen, lesen, spielen, essen was sie möchten. Und was erwartet ihr denn für eine Antwort auf so eine Frage? Bist du jetzt auch so ’ne Zockerbraut? Wenn hinter der Frage ein echtes wahres Interesse steht, dann formuliert sie doch so, dass jeder mehr davon hat. Fragt das, was ihr wirklich wissen möchtet, beispielsweise „Ich habe gesehen, dass du aktuell viel zockst. Seit wann begleitet dich das Hobby? Was genau spielst du so?“ Oder auch: „mich interessiert das total, kannst du mir etwas über deine (Lieblings)Spiele erzählen? Hast du Tipps für mich?“ Und auf das andere bezogen: „Aus welchem Grund hast du dich für eine vegetarische/vegane Ernährung entschieden? Ich möchte gerne mehr darüber erfahren.“ Und: „Welche Fandoms neben Star Wars magst du noch? Was genau reizt dich daran? Wieso hast du es nicht schon viel früher gesehen?“

Wenn man das ganze mal aus der systemischen Sicht betrachtet gibt es für alles einen guten Grund (zumindest für den Handelnden). Es gibt somit für jedes Verhalten einen guten Grund, aber auch dafür, dass solche Fragen gestellt werden. An die Fragenden gerichtet: Überlegt euch doch vorher ganz kurz, was ihr überhaupt damit bewirken/herausfinden wollt und schaut, ob ihr die Frage eventuell doch anders formulieren könnt. An die Befragten gerichtet: Fühlt euch durch Fragen wie „Biste jetzt auch so eine/r?“ nicht angegriffen. Versucht die Frage sachlich aufzufassen, aber nicht auf der Beziehungsebene. Meistens ist es so, dass der Fragesteller tatsächlich Interesse hat, es aber ungünstig rüber bringt. Insofern die Frage/der Kommentar wirklich völlig daneben oder beleidigend formuliert ist, braucht ihr natürlich erst gar nicht antworten. Bietet demjenigen keine Bühne. Glaubt mir, es kann sehr befreiend sein, manches einfach zu ignorieren und/oder zu löschen – im echten Leben würdet ihr so etwas ja auch aus dem Weg gehen. Auch online kann man angemessen in den Austausch kommen, auch wenn es manchmal zunächst nicht so wirkt. Und niemand braucht sich für seine Vorlieben rechtfertigen oder gar entschuldigen. Ich persönlich reagiere oftmals sarkastisch, wodurch die Fragesteller meist schnell merken, dass die Formulierung unpassend war. Manchmal entwickeln sich daraus tatsächlich angenehme Diskussionen, manchmal aber auch nicht – anscheinend steckt ein Austausch dann gar nicht als Intention hinter der Frage/dem Kommentar. Aber dann ist das so.


zum Weiterlesen:
∗ Für weniger wertenden Senf und mehr (Mit)Freude
∗ Mein langer Weg zu Star Wars
∗ Horizon Zero Dawn – mein Game of the Year und das perfekte PS4 Einsteigerspiel













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