Ich weiß nicht, ob ich mittlerweile aus dem Genre rausgewachsen bin, oder ob es daran liegt, dass ich einfach nicht mehr über Red Flags hinwegsehen kann, wenn es sich um Unterhaltungsmedien handelt, aber irgendwie kann ich solche Geschichten nicht mehr ernst nehmen und fühle mich eher dadurch belustigt – aber auch ganz gut unterhalten. Und vielleicht ist es aber genau das, was diese Art von Literatur erreichen will? Vielleicht ist es „ausreichend“? Achtung, die Rezension enthält Spoiler für die Handlung.
Hiermit spreche ich eine Triggerwarnung für explizite sexuelle Szenen, derbe Wortwahl, übergriffiges Verhalten, Gewalt & Mord aus und berufe mich dabei auf die offzielle Warnung des Verlages.
Danke für die Bereitstellung des e-Book Rezensionsexemplares an den Lyx-Verlag via Netgalley.
Vorab möchte ich anmerken, dass der folgende Text meine eigenen Eindrücken schildert und natürlich kein Maßstab für die Einschätzung des Inhaltes im generellen darstellt. Darüber hinaus bringe ich ein paar Beispiele an, was aber nicht heißt, dass es nicht noch weitere Beispiele gibt, die genannt werden können. Der Text enthält ironische und sarkastische Anmerkungen, welche nicht dazu gedacht sind, jemandem nahe zu treten. Zu beachten ist, dass es sich um ein Werk einer Autorin handelt, ebenso sind Übersetzerin, Verlagsmitarbeitende etc. involviert, welche dadurch nicht angegangen oder abgewertet werden sollen. In meiner Rezension beziehe ich mich ausschließlich auf die Darstellung des Umgangs mit einer jungen Frau sowie die einer Beziehung zwischen zwei Personen und wie dies auf mich persönlich wirkt.
Der Inhalt
Schauen wir uns doch zunächst den Inhalt von Twisted Dreams an. Es handelt sich um einen New Adult Liebesroman von der Autorin Ana Huang, übersetzt wurde er von Maike Hallmann und ist der erste Band der Twisted-Reihe. Es geht um Ava Chen, deren Leben sich schlagartig ändert, als der beste Freund ihres Bruders, Alex Volkov, in das Nachbarhaus zieht. Er ist ein Schönling, aber wirkt kalt wie Eis, emotionslos, unnahbar. Natürlich nähern sie sich an und Ava gelingt es, durch seine eisigen Mauern zu brechen, Stück für Stück. Beide Hauptfiguren stehen mitten im Leben, sind Mitte/Ende 20, haben einen festen Job, Ava träumt allerdings noch von einer Karriere als berühmte Fotografin und wünscht sich ein Stipendium in dem Bereich. Und Alex träumt von Rache.
Was ich an dem unnahbaren, arroganten Alex zugegebenermaßen mochte, ist der Humor. Manche Zitate haben tatsächlich mich zum Lachen gebracht, beispielsweise:
„Aber im Gegensatz zu anderen Leuten hatte ich genauso viel Interesse an Arschkriecherei und Small Talk wie daran, mir Bleichmittel in die Venen zu spritzen.“
6% im e-Book
„>>Sag mir nicht, dass du jetzt sentimental wirst. Wenn du uns Freundschaftsarmbänder besorgt hast, bin ich raus.<<„
6% im e-Book
I feel you Alex. (Ich kann leider keine genaue Seitenzahl angeben, weil ich das Buch als e-Book lese.) Nichtsdestotrotz möchte ich vorab anmerken, dass sich Alex immer wieder sexistisch gezeigt hat, was ich persönlich ganz schlecht aushalten kann. Noch schlechter kann ich es allerdings aushalten, wenn die Protagonistin nicht angemessen darauf reagiert oder viel schlimmer: sogar mitspielt, es romantisiert. Ich möchte es niemandem absprechen, wenn er*sie sich wirklich so verhalten möchte, wenn er*sie darauf steht, so angesprochen & behandelt zu werden, wenn er*sie sich selbstbestimmt für dieses Leben entscheidet. Dennoch finde ich es gefährlich, wenn man solche Geschichten unreflektiert und ohne gewisse Red Flags zu thematisieren an jüngere Leser*innen empfiehlt und diese vielleicht wiederum sogar glauben, dass es sich um die hier dargestellte Thematik um eine gesunde, erstrebenswerte Beziehung handelt. Dafür sogar Risiken eingehen, Beziehungen eingehen, in denen das Gegenüber zwar irgendwie Bad Boy/Girl ist, aber leider so gar keinen weichen Kern hat und der*dem Partner*in gegenüber nicht wertschätzend & respektvoll auftritt. Toxische Beziehungen sind nichts, was man romantisieren oder anstreben sollte. Niemals.
Auch möchte ich keinesfalls damit sagen, dass der Protagonist Alex niemals wertschätzend & respektvoll Ava gegenüber war. Aber für mich gab es einfach viel zu viele Situationen, in denen er es eben nicht war. Und Random Fact: nur weil ein Mensch der Person, mit der er das Bett teilt, respektvoll gegenüber ist, heißt das noch lange nicht, dass das Frauenbild generell ein gutes ist. Wie wir wissen neigen manche Menschen, insbesondere Männer dazu, genau die Frauen respektvoll zu behandeln, die ihnen nahe stehen (Mutter, Schwester), oder die ihnen einen Nutzen bringen (Liebes-/Sexpartnerin).
In Twisted Dreams gibt es so viele Situationen, die mir wirklich eine Gänsehaut bereitet haben – aber nicht auf eine gute Art. Es gab zahlreiche Situationen und Äußerungen, die ich cringe as fuck fand, andere haben mich einfach wütend gemacht. Diese Szenen möchte ich euch präsentieren. Falls ihr das Buch noch lesen und nichts genaues darüber wissen möchtet, solltet ihr zum Fazit scrollen. Die folgenden Absätze enthalten Spoiler in Form von Zitaten und Situationsbeschreibungen.
Unrealistische Darstellungen von Sexualität
„Ich hatte es nicht so mit liebenswürdigen Nettigkeiten. Ich machte keine Liebe. Ich vögelte auf eine bestimmte Art und Weise, und nur ein bestimmter Typ Frau stand auf diesen Scheiß.“
5% im e-Book
Na, kommt euch das bekannt vor? Irgendwo hat man so etwas doch schon einmal gehört, oder? Stichwort Christian Grey. Ich schlafe nicht mit Frauen, ich ficke, hart. bla. An manchen Stellen in der Geschichte fühlte ich mich sehr an Fifty Shades of Grey erinnert, aber hier in etwas kurzgefassterer Form. Generell kam es mir vor, als ging alles sehr flott, ich hatte kaum umgeblättert und schon hatten die beiden 3x Sex. Und das mit Ende 20 und nicht mit 16. Eine unrealistische Sexangelegenheit jagte die nächste, vielleicht bin ich auch einfach alt oder unerfahren, was weiß ich. Irgendwann musste ich nur noch lachen, wenn die beiden mal wieder miteinander schliefen – oh pardon, vögelten – und gefühlt innerhalb von 2 Stunden 13 Orgasmen hatten. Leider war der Reiz schnell weg, das meiste davon überflog ich, über vieles musste ich lachen. Abgesehen davon, dass die Darstellungen in meinen Augen teilweise völlig unrealistisch waren, finde ich die Aussage, dass nur ein bestimmter Typ Frau auf „diesen Scheiß“ (das hast du jetzt gesagt Alex, nicht ich) steht sehr seltsam. Wie stelle ich mir diesen Typ Frau vor? Anders gefragt: könnte es sich nicht einfach um eine sexuelle Vorliebe handeln und nicht um etwas, was mit einem „Typ Mensch“ zu tun hat? Eventuell stehen da auch Frauen drauf, die sonst gerne „Liebe machen“, aber vielleicht mal Lust haben zu experimentieren?
By the way hielt dieses ganze „ich mache keine Liebe sondern vögel auf eine bestimmte Art und Weise“-Ding gar nicht mal so lange an, denn Überraschung: Ava lockt eine ganz andere Seite in Alex hervor. Diese ich-schaue-dem-Menschen-beim-Sex-in-die-Augen-und-küsse-ihn*sie-Seite, oder sollte ich sagen sie brachte diesen ANDEREN Typ Mann zum Vorschein? Plötzlich lief Alex mit seiner Angebeteten Händchenhaltend durch die Gegend, während er ja sonst gar nicht der Typ dafür war. Naja, so schnell kann es gehen.
Was macht Männer glücklich?
„>>Versuch nicht, mich zu vermenschlichen. Ich bin kein gequälter Held aus einer deiner romantischen Fantasien.“
22% im e-Book
Weiß nicht, aber ich dachte bis dahin, dass Alex ein Mensch ist? Aber gut, ich kann mich auch getäuscht haben. Generell kann ich nicht viel damit anfangen, wenn Menschen immer wieder betonen, wie verkorkst, unnahbar, anders, abgefuckt, sonst was sind. Okay, aber dann sag mir doch einfach wieso, aber tu nicht so unglaublich mysterious, immerhin waren wir uns schon SEHR nah, oder geh halt einfach? Wieso muss man denn einerseits immer wieder darüber in den Kontakt gehen, aber andererseits auch immer wieder betonen, dass dieser Kontakt auf keinen Fall gut oder zielführend ist? I don’t get it.
Bei 27% im E-Book fällt die Frage „Was macht Männer glücklich“ und auch darüber habe ich lange nachdenken müssen. Ich frage mich in solchen Situationen, wieso bei der Frage nach dem Streben nach Glück das Geschlecht eine Rolle spielt, insofern es aber gleichzeitig um nichts geht, was das Geschlecht betrifft? Um die Frage zu beantworten also: vermutlich das gleiche, was Frauen glücklich macht, oder einfach: Menschen. Alles keine Frage des Geschlechts, sondern der Interessen & Vorlieben, I guess. Wenn man mich fragen würde, würde ich es mit „ein gutes Buch, ein spannender Film, Lasagne, Zeit mit meinem Partner, ein nettes Gespräch“ beantworten. Gilt das nun für alle Frauen? Meine Bekannte würde vielleicht eher mit „eine schicke neue Handtasche & einen Döner“ antworten. Und schon kommt man in die Bredouille. Ich mag nämlich lieber Rucksäcke und Pommes. Mein Freund würde wahrscheinlich ähnlich antworten wie ich, ein anderer Mann vielleicht eher mit „Fußball & Bier“. Wie soll man da auch durchblicken??
Diese Frage ist übrigens Teil der Operation Emotion. Ava und ihre Freundinnen wollen Emotionen aus dem unnahbaren, kalten Alex herauskitzeln und nehmen sich dafür vor, durch Handlungen Reaktionen wie Ekel, Trauer, Eifersucht & Glück zu erzwingen. Das kommt euch hier schon unangenehm vor? Fragt mich mal, ich hab dieses Buch gelesen, in welchem das beschrieben & geplant wurde. Ich fühlte mich beim Lesen in meine Jugend zurückversetzt, als man den Jungs Streiche spielte, um herauszufinden, ob sie nun wütend werden, ob sie verknallt sind, sich für die eine oder die andere einsetzen, oder doch eher abweisend reagieren. Aber Ava ist nun mal nicht 12. Zum Glück, wohlgemerkt.
Objektifizierung der Frau
„Aber wenn ich ehrlich war: Es war bereits zu spät. Sie gehörte mir. Sie wusste es nur noch nicht. Ich hatte es selbst nicht gewusst, bis ich sie in Coltons Armen sah und jeder Instinkt in mir danach schrie, sie ihm zu entreißen. Zu fordern, was mir gehörte.“
32% im e-Book
Oh Boy, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Alleine diese paar Zeilen schreien RED FLAG RED FLAG RED FLAG. Sie gehörte mir. Okay. Kann man sagen, wenn man von einer Tasche redet (oder einem Rucksack, in meinem Fall), oder von einer leckeren Cola. Von mir aus auch von einer Katze. Oder einer schönen Pflanze. Aber hier geht es um einen Menschen. Jetzt, wo ich den Abschnitt nochmal lese, sträubt sich wirklich alles in mir. Frauen. Sind. Kein. Besitz. Menschen sind kein Besitz. Man GEHÖRT niemandem. Kennt ihr diese Menschen, die sagen „neee ich bin nicht eifersüchtig, ich bin besitzergreifend, hihi!“ Spoiler: das ist nicht cute oder witzig, das ist Eifersucht, nur in schlimmer, Anna-Lena.
Weit vorher gab es übrigens eine Situation, die auch hervorragend zum „ich fordere ein, was mir gehört“-Thema passt, denn Ava fuhr zu einem Foto-Shooting, welches ein Kumpel von ihr durchführte. Ava trug recht knappe, sexy Kleidung, er fotografierte sie, da sie die Arbeiten dann für ihre Unterlagen haben wollte. Alles cool. Aber nicht für Alex! Da Ava über eine Stunde (ja eine, nicht zehn!) nicht auf seine Nachrichten reagierte, befragte er ihre beste Freundin zu ihrem Standort, welche ihm diesen natürlich verriet, sicherlich weil er so unglaublich einschüchternd war (gähn). Dort angekommen beendete Alex mit seiner herzallerliebsten Art das Shooting, denn schließlich soll kein anderer Mann Ava in dieser Aufmachung sehen!!1 Funfact: zu dem Zeitpunkt lief zwischen den beiden noch nicht viel mehr als hitzige Wortgefechte. Aber trotzdem musste Alex in dieser Situation seinen Besitz einfordern, die Kamera einziehen, alle Fotos löschen und Ava ins Auto zitieren. Ihr denkt jetzt sicherlich: ach Ava war doch sicherlich total angepisst und lässt sich nicht herum kommandieren, zumal es sich ja nicht mal um ihren Partner handelte, was das ganze jedoch nicht weniger schlimm machen würde? Haha klar. Nein. Ava reagierte zunächst pissig und ich dachte: YES GIRL! aber dann ließ sie sich völlig davon beeindrucken und ging mit. NO GIRL! Doch, leider schon. Sie ging mit, war (ich glaube) für ein paar wenige Tage beleidigt und ging dann aufgrund der Operation Emotion zu Alex rüber, um ihm Kekse zu bringen. Bitte was? Ja, genau. SIE ging danach AUF IHN zu. Darüber hinaus begrenzte sie ihn auch nicht bezüglich der besitzergreifenden Aussagen, sie bestärkte ihn. Natürlich gehöre ich dir. Klar. Hihi.
Zurück zum Zitat und oh, der Instinkt. Ja, klar. Männer, oder? Männer und ihr Instinkt. Sie sind Jäger, voller Testosteron, Wut & Coolness, nach Tabak und Holz duftend. Frauen ihre Beute. Und wenn Frauen zu oft (fragt mich bitte nicht) Sex hatten, vor allem aber zu viele (??) Sexpartner, sinkt der Wert der Beute. Man(n) will ja schließlich nichts, was schon viele vorher hatten, nicht wahr? Ist ja langweilig. Und außerdem haben Männer den Masterkey, den Schlüssel, der jedes Schloss knackt. Wenn du als Frau hingegen ein Schloss hast, in welches viele Schlüssel passen, hast du einfach ein billiges Schloss. Total logisch. Nicht.
Immer, wenn ich etwas über diese Instinkt- und Schlüssel-Schloss-Scheiße lese, steigt mein Puls ins Unermessliche und ich möchte schreien. Funfact: Frauen sind keine Beute. Funfact 2: Frauen ist es völlig egal, ob ein Mann sie erobernswert findet, oder halt nicht. UND Funfact 3: Frauen ist es egal, ob ein Mann ihren Bodycount zu hoch findet. Witzig, oder? Nee, eigentlich nicht. Und das mit dem Schlüssel-Schloss-Prinzip ist so weit hergeholt, dass es der Fantasie eines vierjährigen Kindes entsprungen sein könnte, wenn es nicht um Sex ginge.
Das Ding mit dem Consent
Apropos Sex. Kommen wir zum Thema Grenzen einfordern und Grenzen einhalten, oder auch Consent (Zustimmung, Einvernehmlichkeit) im weitesten Sinne. Ich möchte nicht sagen, dass Alex Ava zu sexuellen Handlungen zwingt, aber es gab mehrere Situationen, in denen er sie zumindest zu sexuellen Handlungen überredet. Ava forderte körperliche Nähe und auch sexuelle Handlungen ein, dies geschah also in Einvernehmlichkeit (immerhin). Jedoch gab es mehrere Situationen, die dafür sorgten, dass sich meine Nackenhaare aufstellten und ich Ava schütteln wollte. Ca. bei der Hälfte des Buches entledigt sich Alex auf Avas Oberschenkel. So weit, so gut. Alles fine. Was aber nicht so fine daran war ist der Fakt, dass Alex ihr verboten hat sich zu reinigen (abgesehen davon dass ER das vielleicht auch machen könnte, aber das ist nochmal etwas anderes). Sie sollte also ihr Kleid anziehen, das Ejakulat trocknen lassen und damit nach draußen gehen (sie befanden sich in Gesellschaft, ich hab schon wieder vergessen wo genau), um zu zeigen wem sie gehört. Criiiinge. Vor allem, weil sie es erst ablehnte und deutlich beschämt wirkte. „Aber ich tat, was er verlangte“ ja, so viel dazu.
Oh nein, das Flugzeug!
Wir kennen es alle. Die Protagonistin hat keinen Bock mehr auf das ambivalente Verhalten des Love-Interest, also entscheidet sie sich dazu, das Land zu verlassen, denn dort wartet natürlich ein neuer Job auf sie, ein Studium, eine Familie, ein süßer Hund, was weiß ich denn. Als ich folgende Zeilen in Twisted Dreams gelesen habe, rollte ich mich mit meinen Augen in eine andere Dimension.
„>>Ihr Flugzeug geht in<<, sie sah auf die Uhr, >>einer Stunde.<<„
85% im e-Book
Witzigerweise ist es so, dass Alex selber feststellen muss, dass er dem größten Liebesfilm-Klischee aller Zeiten zum Opfer gefallen ist:
„Ich kam mir vor wie das Gestalt gewordene schlimmste Filmklischee der Welt. Durch einen Flughafen zu rennen, um die Frau, die ich liebte, darum zu bitten, mir noch eine Chance zu geben … wie originell.“
86% im e-Book
Tja Alex, was soll ich sagen? Du hast es erfasst. Aber wenn ihr glaubt, dass das schon der Klischee-Höhepunkt und die Spitze des Cringe-Bergs ist muss ich euch enttäuschen.
Es ist jetzt nicht so, dass Alex sie am Flughafen erwischt, sie sich in die Arme fallen und alles ist schick, die Streitigkeiten* zwischen den beiden Turteltäubchen stillgelegt, alle Missverständnisse aus dem Weg geräumt. Nee, nee. Es ist schlimmer.
*ihr erinnert euch? es ging ja eigentlich um Rache – Ava wurde entführt, weil die Personen, an denen Alex sich rächen wollte ihm auf die Schliche kamen und ihn natürlich über genau das locken wollten, was ihm am wichtigsten ist, seine Ava. Aber Alex, klug wie er ist, legt ein filmreifes Täuschungsmanöver ein, damit Ava entkommen kann, wodurch die Beziehung der beiden aber einen Knacks erleidet. Naja, man kann nicht alles haben.
Grenzen sind optional
Also sitzt Ava wirklich im Flieger nach London und Alex verpasst sie. Aber es wäre nicht Alex Volkov, wenn er nicht einen Masterplan (ihr merkt, er hat nicht nur den Masterkey) dafür hätte, bei denen er natürlich weder Kosten noch Mühen scheut. Nach ein paar Wochen reist er ihr hinterher, lässt sie beschatten und steht dann also irgendwann vor ihr. Sie, so 2cm vor einem Herzinfarkt inklusive mittelschwerer Panikattacke, betont, dass sie das nicht möchte. Sie hat sich ihr neues Leben aufgebaut, ohne ihn. Aber auch hier: es handelt sich um fucking Alex Volkov, also ist es ihm natürlich völlig egal was sie will.
„>>Du wirst mich von nun an viel öfter sehen.<<
88% im e-Book
>>Den Teufel werde ich.<< Der Gedanke, ihn jeden Tag zu sehen, versetzte mich in helle Panik. >>Ich erwirke eine einstweilige Verfügung gegen dich. Und ich lasse dich wegen Stalking verhaften.<<
>>Das kannst du natürlich versuchen, aber ich kann nicht garantieren, dass meine Freunde in der britischen Regierung sich nicht einmischen.<<„
Ehm. Was? Sie setzt eine Grenze. Er überschreitet diese Grenze nicht nur, er vermittelt ihr, dass ihre Grenze zwecklos ist, weil er die MACHT hat, eine Verhaftung zu umgehen, weil er nun mal ist, wer er ist? Das war für mich wirklich die Krönung. Um nicht völlig ausschweifend zu werden fasse ich meine Gedanken ab da mal zusammen. Alex reist ihr nach, verfolgt sie auf Schritt und Tritt, schickt ihr Geschenke, obwohl sie immer wieder signalisiert, dass sie es nicht möchte. IHN nicht möchte. Er bleibt hartnäckig. Betont immer wieder, dass er alles versuchen wird, um sie zurück zu gewinnen. Letztendlich steht er auf einer Bühne vor ihr und SINGT. Alex Volkov singt. Auf einer Bühne. Das beeindruckt Ava natürlich so sehr, dass sie ihm eine weitere Chance gibt. Wie soll man das einem Mann, der ja eigentlich knallhart ist und nun über Emotionen singt (ihr erinnert euch an Operation Emotion?) verweigern? Tja, keine Ahnung. Da war ich dann auch sprachlos. Und dabei war ich eigentlich ein bisschen stolz auf Ava. Sie hat Grenzen gesetzt, ihr Leben umgekrempelt und genau das gemacht, wovon sie so lange träumte. Sie hat ihr Stipendium bekommen & angenommen, sie hat sich bezüglich der Fotografie weitergebildet. Aber langfristig warf sie ihre Grenzen über Bord, was ich wahnsinnig schade finde. Die Ansätze waren schließlich da.
Das Thema Grenzen zieht sich, wie ihr vielleicht gemerkt habt, durch die gesamte Geschichte, angefangen damit, dass er sie von Beginn an „Sonnenschein“ nennt, obwohl sie es nicht möchte. Der ungefähre Wortlaut war: Sonnenschein. – Das ist nicht mein Name, nenn mich nicht so. – Ich weiß, es ist ein Spitzname.
Ja dann.
Fazit
Das hört sich alles ziemlich schlimm an, wenn ich das jetzt mal so revue passieren lassen. Die ganzen Red Flags, die toxischen, sexistischen Aussagen, das Macho-Gehabe. Das ging mir alles absolut gegen den Strich. Da ich aber kein Fan davon bin, Bücher verbal zu zerreissen, bin ich dennoch in der Lage zu sagen: es konnte mich auf eine weirde Art und Weise gut unterhalten. Es brachte mich zum Nachdenken. Es regte mich zum Diskutieren an, mit meinem Partner, mit euch (auch wenn das jetzt gerade eher einseitig verläuft lol). Meiner Meinung nach motivieren solche Geschichten generell dazu, die eigene Haltung zu reflektieren und zu hinterfragen. Was empfinde ich als toxisch? Was als gesund? Wann setze ich Grenzen? Wann sollte ich welche setzen? Und wie werden diese aufgenommen? Dennoch finde ich es nach wie vor wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass hier keine gesunde Form einer Beziehung aufgezeigt wird, so aufregend, kribbelig und schön es manchmal wirken mag. Insbesondere jüngere, unerfahrene Leser*innen, sollten davor gewarnt werden, damit sie sich nicht unreflektiert auf die Geschichte stürzen und sich davon (negativ) beeinflussen lassen. Aufklärung über Sexualität und insbesondere über das Setzen & Einfordern von Grenzen, über wichtige & mögliche Kommunikationsmittel ist dafür essentiell. Jeder Mensch hat es verdient, wertschätzend & respektvoll behandelt zu werden, erst recht von einer Person, mit der man das Bett und vielleicht sogar sein Leben teilen möchte. Und zwar immer und nicht nur ab und zu, in den guten Momenten. Never settle for less.
Twisted Dreams beim Lyx Verlag | Twisted Dreams bei Amazon
23.12.2022 | 432 Seiten | 14 € | übersetzt von Maike Hallmann
Inhalt: Er ist der beste Freund ihres Bruders. Ihre größte Versuchung. Ihr Untergang.
Als der beste Freund ihres Bruders in ihr Nachbarhaus zieht, ändert sich Ava Chens Leben von Grund auf. Alex Volkov sieht aus wie die Sünde und ist kalt wie Eis. Aber Ava schafft es, seine Mauern Stein um Stein einzureißen, und je besser sie den Multimillionär kennenlernt, desto weniger kann sie sich seiner Anziehungskraft entziehen. Schon bald kann auch Alex die ungewohnten Gefühle nicht länger leugnen. Doch er hat eine dunkle Vergangenheit, der er nicht entfliehen kann und die eine Liebe zwischen ihnen unmöglich macht …

7 Antworten zu “Red Flags in „Twisted Dreams“ (Ana Huang) | 3★ Rezension”
Das war eine sehr unterhaltsame Review ;) Bei solchen Büchern voller Red flags gibt es ja immer zwei Seiten und ich bin relativ hin- und hergerissen zwischen denen. Kann man es lesen um damit Spaß zu haben ähnlich einem „Lese-Fetisch“ oder ist es so überzogen und übertrieben, dass es nicht mal die Reize und Leidenschaftlichkeit bedient? Wenn man facepalmend davor sitzt, wahrscheinlich nicht. :D
Richtig schwierig ist ja aber, wenn Lesende das so unbewusst für bahre Münze nehmen und von solchen toxischen Beziehungen träumen. Liefert das Buch denn genug Hinweis darauf, dass sein Verhalten toxisch ist? Das ist halt immer der Punkt, wo für mich der Spaß dann wirklich aufhört und ich mich frage, was das soll..
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vielen lieben dank :)
also ich muss gestehen, dass ich oft facepalmend dort saß, aber gut unterhalten fühlte ich mich dennoch :D es ist wirklich ein trauerspiel.
also für mich bietet es genügend hinweise, auch im sinne von dem hinterfragen seines verhaltens, aber eine konsequenz bleibt dennoch aus. es sind eher immer nur so kurze gedankenblitze à la „oh, das sollte so aber nicht sein. naja was soll’s“ :-D
eine gefahr der verherrlichung & romantisierung insbesondere bei jüngeren, unerfahren lesenden bleibt.
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[…] wir zu Twisted Flags huch ich meine natürlich Twisted Dreams. Wie schon in meiner Rezension beschrieben, wimmelt das Buch so von Red Flags. Die toxischen, sexistischen Aussagen, das […]
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Hi Nicci,
ich verstehe Deine Sentiments zu diesem Buch total. Auch ich kann mir mittlerweile nicht mehr vorstellen, Bücher mit klischeehaften „Bad Boys“, die sich einfach nur Sch… verhalten, aber ja sooo sexy sind, zu lesen. Denn ernsthaft, möchte ich im echten Leben einen solchen Mann kennenlernen? Auf. Gar. Keinen. Fall.
Ich konnte zwar schon immer gut zwischen Realität und Fiktion trennen, aber mittlerweile macht es mir keinen Spaß mehr, von solchen unrealistischen Beziehungen zu lesen.
Viele Grüße
Steffi
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hey steffi,
da bin ich ganz bei dir! wenn ich sowas lese sehe ich es auch absolut als das: leichte unterhaltung, die zum nachdenken & ärgern anregt :D
liebe grüße
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Danke hier für, Nicci, es war wieder eine Freude, diesen Beitrag zu lesen. Und danke, dass du diese Bücher für uns/mich liest, so dass ich es nicht muss 🌚 bester Satz: „… rollte ich mit meinen Augen in eine andere Dimension“ 😂😂😂
Am Schluss dann noch festgestellt, dass er ernsthaft Multimillionär war, omg, facepalm. 🤦🏻♀️
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he natürlich war er das, alles andere macht doch gar keinen sinn lul.
danke für dein feedback <3
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