Rezension: Daniel Glattauer – In einem Zug (Hörbuch)

„In einem Zug“ erzählt von dem Autor Eduard Brünhofer und der Therapeutin Catrin Mayr, die über das Leben und die Liebe sprechen, was letztlich ziemlich deep wird und zum Nachdenken anregt, was nicht nur an Brünhofers stumpfen Einordnungen einzelner Aussagen liegt.

Der Beitrag ist aufgrund von Links und Kaufempfehlungen als Werbung gekennzeichnet. Das Buch ist ein Hörbuch-Rezensionsexemplar, das ich vom Verlag via NetGalley für eine ehrliche Rezension erhalten habe.

So war mein Start in die Geschichte: Ich habe „In einem Zug“ als Hörbuch gehört und habe es tatsächlich sehr genossen, der Geschichte zu lauschen und die Charaktere auf ihrer Zugfahrt zu begleiten. Denn wie der Titel schon verdeutlicht, befinden wir uns wahrlich die gesamte Zeit über im Zug.

Das ist der Inhalt: Wir begleiten dort den ehemals gefeierten Autor von Liebesromanen, Eduard Brünhofer, und die Therapeutin Catrin Mayr. Anfangs noch relativ distanziert, entwickelt sich das Gespräch zwischen den beiden recht schnell auf eine tiefere Ebene. Sie sprechen viel über ihr Verständnis von Beziehungen und Liebe, über Freiheit bezogen auf Beziehungen, über das „Geheimnis einer guten Beziehung“. Dabei erzählt Brünhofer auch von seiner Ehefrau, während Mayr Langzeitbeziehungen eher absurd findet.

Man kann sich nämlich nicht selbst hassen. Zumindest tut einem das auf Dauer nicht gut. Also hasst man lieber andere, stellvertretend für sich und seine Schwächen. Man hasst sie, indem man sich einredet, beziehungsweise eingeredet bekommt, sie seien anders, nämlich schlechter als man selbst.

So hat mir das Buch gefallen: Bei Brünhofer schwanke ich zwischen Sympathie und leichter Ablehnung. Einerseits kann ich sehr mit ihm „relaten“, denn er legt quasi jedes Wort auf die Goldwaage. Das wird mir persönlich auch oft nachgesagt, jedoch weiß ich heute, dass das offenbar auch so ein Ding neurodivergenter Menschen ist. Ich kann nicht viel mit Sprichwörtern anfangen, ebenso empfinde ich viele Alltagsformulierungen als fragwürdig. Und auch Brünhofer hinterfragt vieles, etwa sagt er: „Eine Frau hat man nicht, eine Frau ist kein Besitz“, auf die Frage, ob er eine Frau habe. Und als Mayr fragt, ob sie eine persönliche Frage stellen darf, fragt er sich: „Ob sie das darf? Naja, will ich, dass sie etwas Unpersönliches fragt?“

Andererseits erinnert mich Brünhofer an einen typischen „Boomer“, der generell alles ablehnt, gar verteufelt, was mit Social Media zu tun hat, und weder Vorteile darin sieht noch toleriert, dass unsere Generation Social Media nutzt, wie seine Generation vielleicht das normale Fernsehen. Es gehört nun mal dazu. Es ist unsere wichtigste Informationsquelle, wenn auch Medienkompetenz in dem Zusammenhang nicht zu unterschätzen ist.

Trotzdem fand ich es super interessant, seinen Gedankengängen zu folgen und die beiden Charaktere in ihrem Kommunikationsprozess zu begleiten, zumal die beiden sehr unterschiedlich in ihrer Persönlichkeit und ihrem Lebensstil sind. Der Austausch ist teilweise witzig, teilweise regt er zum Nachdenken an. Der Austausch der beiden, während man Brünhofers Gedanken lauscht, macht es umso authentischer.

Die Auflösung fand ich interessant – ich hätte sie auf keinen Fall so erwartet. Viel mehr verrate ich an dieser Stelle aber nicht.

Fazit: Ich kann „In einem Zug“ allen empfehlen, die Lust auf eine Geschichte über eine zufällige menschliche Begegnung haben, die in interessanten Gesprächen mündet und sowohl zum Nachdenken als auch zum Schmunzeln anregt.

Bewertung: 4 von 5.

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Autor:in: Daniel Glattauer, Übersetzer:in: –

Inhalt zum Aufklappen

Eduard Brünhofer, ehemals gefeierter Autor von Liebesromanen, sitzt im Zug von Wien nach München. Nicht unbedingt in der Absicht, sich mit der Frau frühen mittleren Alters im Abteil zu unterhalten. Schon gar nicht in der Absicht, mit ihr über seine Bücher zu sinnieren. Erst recht nicht in der Absicht, über seine Ehejahre mit Gina zu reflektieren. Aber Therapeutin Catrin Meyr, die Langzeitbeziehungen absurd findet, ist unerbittlich. Sie will mit ihm über die Liebe reden. Dabei gerät der Schriftsteller gehörig in Zugzwang.

»Was befähigt einen Autor, über die Liebe zu schreiben?«, fragt sie.
»Ihre Frage ist klüger als jede Antwort darauf«, erwidere ich.
»Danke. Probieren Sie es trotzdem.«

Quelle: Dumont

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2 Antworten zu „Rezension: Daniel Glattauer – In einem Zug (Hörbuch)”.

  1. Karin

    Hallo Nicci,

    nun jede Generation hat ihre eigene Geschichte/eigene Ansichten/besondere Merkmale….so sehe ich das zumindest und da wird es auch schwierig eine Toleranzverbindung aufzubauen……

    Letztendlich kann/sollte auch keiner seinen Ursprung verleugnen, denn sonst wird man schnell zum Fähnchen im Wind….was mir wiederum auch nicht als empfehlswert erscheint.

    Zumal alles irgendwie/irgendwo gute bzw. auch schlechte Seiten hat….so ist das Leben…

    andere Zeit….andere Bedingungen…das sollte sich jeder egal ob Boomer ..oder nächste Generation vor Augen halten….und damit ihren Frieden machen…

    Aber jeder kann versuchen es besser zumachen….

    Interessant finde ich das sich alles im Zug abgespielt hat….grins….welche Strecke das wohl war….?

    LG…Karin..

    Gefällt 1 Person

    1. liebe karin,
      das sehe ich auch so, das sollte man sich vor augen halten und versuchen, irgendwas besser zu machen. gegenseitige toleranz und vor allem zuhören finde ich da sehr wichtig, denn daran scheitert es zwischen generationen (und zwischen menschen) generell sehr oft. hab ich häufig bei familien in der psychiatrie erlebt.

      soweit ich weiß ging die zugfahrt nach wien. zwischendurch wurden sogar auch haltestellen benannt, das war echt cool, das so mitzuerleben :)

      lg

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