Rezension: Robin Roe – Der Koffer

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Robin Roe – Der Koffer | Übersetzer: Sonja Finck | Carlsen* | Einzelband | Leseprobe | 24.03.2017 | Jugendbuch | empfohlen ab: 16 Jahren | 416 Seiten | HC 19,99€ / eBook: 13,99€ | Amazon* | Buchhandel

»Wie viele Sterne?«, hat Julians Vater immer gefragt, wenn er ihn abends ins Bett brachte. Zehntausend-Sterne-Tage waren die besten überhaupt. Doch Julians Eltern sind tot. Seit er bei seinem Onkel wohnt, ist ihm ist nichts geblieben als Geheimnisse und ein Koffer voller Erinnerungen. Als Julian seinem Pflegebruder Adam wiederbegegnet, ist er zunächst voller Glück. Adam, der so nett ist und so tollpatschig und trotzdem zu den Coolen gehört. Doch es ist schwierig Vertrauen zu fassen. Und je mehr Vertrauen Julian fasst, desto mehr kommt Adam hinter seine Geheimnisse. Das bringt sie beide in große Gefahr. [Quelle]

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Verrückt, auf wie viele verschiedene Arten man Menschen vermissen kann. Man vermisst all die Dinge, die diese Menschen getan haben. Man vermisst die Menschen an sich. Und man vermisst die Bedeutung, die man selbst für diese Menschen gehabt hat. […] Du vermisst, wie wichtig du diesen Menschen warst.
[Der Koffer, Robin Roe, S. 118]

Eigentlich hatte ich dieses Buch für den August eingeplant. Dank einer Twitter-Umfrage nahm ich es mir als nächste Lektüre vor. Am 30.07. dachte ich dann, ich lese mal rein. Kann ja nicht schaden. Und gestern, am 31.07. war ich durch. Im wahrsten Sinne des Wortes, übrigens.

Eine emotionale Geschichte voller Schmerz und Liebe, wobei ich nicht sagen kann, was überwogen hat. Die Geschichte wurde aus zwei Sichtweisen erzählt, Adam und Julian. Die Kapitel waren überwiegend recht kurz. Es gab eine Stelle, die mich so schockiert hat, dass mir die Luft wegblieb und ich die Hand vor den Mund schlug. Wenn ich darüber nachdenke, wiederholt sich der Effekt abgeschwächt. Diejenigen, die das Buch bereits gelesen haben, wissen vielleicht wovon ich spreche. Vermutlich war ich genauso schockiert wie Julian, nur nicht so ängstlich, denn zum Glück stand ich nicht an seiner Stelle. Noch lange wird dieses Erlebnis, diese Geschichte nachhallen und mich beschäftigen.

Geweint habe ich nicht, wie viele andere es prophezeit haben. Nimm dir auf jeden Fall Taschentücher zur Hand, wurde mir geraten. Ich hatte keine zur Hand. Aber ich brauchte sie auch nicht. Die Geschichte war unglaublich traurig, unglaublich schockierend und schmerzhaft. Durch meine Arbeit in der Psychiatrie habe ich jedoch sicherlich eine gewisse Distanz, sodass ich es aus einem anderen Blickwinkel betrachten konnte. Die Rolle von Russel fand ich grausam, aber gelungen dargestellt und integriert. Sein Auftreten sorgte nicht nur bei Julian für Gänsehaut.

Julian war ein interessanter Protagonist. Er war eigenartig, liebenswert und besonders. Auch Adam fand ich sympathisch. Durch seine Symptomatik hatte er mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen, er fand im Laufe seines Lebens aber einen guten Weg, mit ihnen umzugehen und seinen Alltag sowie soziale Kontakte zu meistern. Er war ein Sonnenschein in der dunklen Welt von Julian. Adams Freunde fand ich allesamt einzigartig, jeder hatte seine eigene interessante Geschichte, die in den Verlauf Einfluss nahm. Charlie durchlebte meiner Meinung nach die bemerkenswerteste Entwicklung.

Zu viel möchte ich natürlich nicht verraten. Ich denke, dass die Altersangabe treffend gewählt wurde. Jüngeren Menschen würde ich nicht dazu raten, die Geschichte zu lesen. Älteren auf jeden Fall, jedoch sollte man sich über die Emotionalität und Grausamkeit der Thematik im Klaren sein. Es handelt sich keinesfalls um ein leichtes, lockeres Jugendbuch.

Der Koffer ist eine emotionale Geschichte über einen besonderen Jungen, der Grausamkeit erfahren musste und durch das Erfahren von Freundschaft & Liebe langsam zurück ins Leben findet. Ich kann sie jedem empfehlen, der nicht vor der Darstellung langfristig traumatischer Erlebnisse, die der Protagonist durchlebt, zurückschreckt und damit umgehen kann. Für mich ist es durch die Besonderheit der Thematik, den fesselnden Schreibstil und die gelungen gezeichneten Charaktere ein Liebling

Fun Fact: Die Geschichte endete am 31.07., somit am gleichen Datum wie das, an dem ich das Buch zugeklappt habe.

Menschen, die mir wichtig sind, werden mir zusehen. Ihre Blicke sind ein Sicherheitsnetz. Selbst wenn ich abstürzen sollte, fangen sie mich auf.
[Der Koffer, Robin Roe, S. 259]

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Weitere Meinungen

„Der Koffer hält nicht nur eine erschreckende und zugleich Hoffnung machende Geschichte für den Leser bereit, die Story um Julian und Adam berührt auf tragische Weise“ – Miss Foxy Reads

„Trotz oder vielleicht auch gerade wegen der schweren Thematik, ist es in meinen Augen eine unglaublich starke und wichtige Geschichte. So viel Tiefgang hätte ich gar nicht erwartet und vor allem nicht so viel Leid.“ – Letterheart

„Robin Roe zeigt uns mit ihrem Debüt wie wichtig Freundschaft ist und, dass Hoffnung auch in ausweglos erscheinenden Situationen möglich ist.“ – Tintentick

„Ein aufwühlendes und gefühlvolles Debüt über die Stärke der Freundschaft!“ – Bella’s Wonderworld

„Man durchlebt mit Adam und insbesondere Julian, eine wahre Achterbahn der Gefühle.“ – Nightingale Blog

 

 

 

Vielen Dank an den Carlsen Verlag für das Rezensionsexemplar!

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32 Antworten zu “Rezension: Robin Roe – Der Koffer”

  1. Hey Nicci,

    „Der Koffer“ steht schon auf meiner Wunschliste und deine Rezension bekräftig mich nun darin, das Buch bald zu lesen. Ich werde dann auch an dich zurückdenken und mir ein paar Taschentücher bereithalten ;)

    Melli

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  2. […] Ich denke ständig an Der Koffer von Robin Roe zurück. Die Handlung empfand ich als sehr emotional und krass, auch wenn ich nicht weinen musste – bei mir überwog der Schock über die geschilderte Grausamkeit und deren Auswirkungen. Viele einzelne Situationen und Äußerungen habe ich noch ganz detailliert im Gedächtnis und vermutlich werden sie dort auch hängen bleiben [Rezension]. […]

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  3. Das Buch war mir auch schon durch die Umfragen des JDKökis aufgefallen! Deine Rezension macht definitiv Lust auf mehr, ohne dass du zuviel verrätst. Aber ich bekomme ein Gefühl für den Plot und welche Emotionen das Buch auslöst. Die Bücher vom Königskinder-Verlag sehen auf jeden Fall immer wundervoll gestaltet aus und haben spannende, tiefgründige Geschichten mitten aus unserer Gesellschaft! Ich werde dieses Buch definitiv auch ganz oben auf meine Leseliste setzen!

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  4. Hi Nicci,

    schöne Rezension, mal wieder … ;o)

    Das Buch werde ich auf jeden Fall auch noch lesen, steht schon lange auf dem Plan.
    Vermutlich werde ich eine Familienpackung Taschentücher brauchen, deswegen zögere ich die Thematik gerade noch etwas hinaus. Gewisse Bücher brauchen eben ihren Zeitpunkt.

    Liebe Grüße
    Patricia

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  5. Hey Nicci,
    bereits durch Jill bin ich so unglaublich neugierig geworden! Hach, ja, ich werde mir das Buch zulegen, gleich morgen. Irgendwie juckt es mich schon seit vielen Wochen sie zu lesen, doch irgendwie kommt immer was dazwischen.
    Mir gefallen übrigens deine Auszüge aus anderen Rezensionen unglaublich gut! Schöne Idee! So kriegt man gleich noch weitere Eindrücke.

    Alles Liebe,
    Sarah

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  6. Liebe Nicci,
    ich habe es noch nicht gelesen, aber schon von allen Seiten eine ganz ähnliche Meinung gehört. Die Angst, es zu lesen wächst. Aber auch die Neugier :) Hach, ich bin hin und hergerissen. Aber natürlich muss ich es noch lesen, wem mache ich hier etwas vor ;-) Ich bin gespannt, ob ich Taschentücher brauchen werde.
    Liebe Grüße,
    Anna

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  7. Liebe Nicci,

    eine sehr gelungene Rezension – zu einem wirklich einzigartigen Buch! Da sprichst du mir wirklich aus der Seele. (Bei mir blieben die Augen allerdings nicht ganz trocken….)

    Und vielen Dank fürs Verlinken ;)

    Herzliche Grüße
    Bella

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  8. Hi Nicci,
    mir ging es ähnlich, ich hab das Buch innerhalb von einem Tag inhaliert. Es hat mich wirklich umgehauen, weil man irgendwie nicht damit rechnet, dass es so schlimm wird. Ich weiß gar nicht mehr, ob ich geweint habe, aber ich habe das Buch auf jeden Fall mehrere Male fassungslos angestarrt. Und wie ich deine Rezension grade so gelesen habe, kamen die ganzen Gefühle wieder hoch.
    Ich habe bis jetzt erst ein Buch aus dem Verlag gelesen aber ich glaube, und das hört man ja auch überall, dass die Bücher echt was Besonderes sind.
    Liebe Grüße,
    Elli

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    • Ja, das fassungslose Starren gab es bei mir auch des Öfteren. Es war echt.. heftig. Und es hallt auf jeden Fall lange nach.

      Ich habe bisher glaube ich 3 oder 4 gelesen und fand allesamt großartig, mein Favorit ist neben Der Koffer übrigens Salz für die See.

      Liebe Grüße!

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  9. Liebe Nicci,

    ich weiss genau welche Stelle du meinst und mir ging es genauso. Ich fand das Buch auch grausam und wahnsinnig emotional. Es hat mich wirklich sehr berührt und gleichzeitig auch geschockt.

    Liebste Grüße
    Sonja

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